18. April 2023
Viele Erbbaurechte in Deutschland laufen in den kommenden Jahren aus. Dies hat einen historischen Hintergrund: 1919 wurde das Erbbaurecht, das bisher im BGB geregelt war, reformiert und in der neugeschaffenen Erbbaurechtsverordnung (ErbbauVO) geregelt.
Mit seiner Neufassung etablierte es sich schnell als interessantes Instrument zur Schaffung von Wohnraum sowohl bei kirchlichen Grundstückseigentümern als auch bei der öffentlichen Hand.
Typische Vertragslaufzeit für ein Erbbaurechtsvertrag waren bereits damals die bekannten 99 Jahre.
Folge: 99 Jahre später laufen viele dieser Verträge zum ersten Mal aus.
Wenn der Erbbaurechtsvertrag ausläuft, tritt wieder der gesetzliche Regelfall ein: Ohne Erbbaurechtsvertrag ist der Erbbaurechtsgeber – der Grundstückseigentümer – auch Eigentümer der Gebäude, die auf seinem Grundstück errichtet sind.
Das bedeutet: Mit Ablauf des Erbbaurechtsvertrages wird der Erbbaurechtsgeber Eigentümer des aufgebauten Gebäudes und der Erbbaurechtsnehmer verliert sein Eigentum.
Dies bedeutet, dass der Erbbaurechtsnehmer zunächst sein Nutzungsrecht an dem Grundstück und dem aufgebauten Gebäude verliert und er grundsätzlich aus dem Gebäude ausziehen muss. Ein Ergebnis, das für viele Erbbaurechtsnehmer eine unschöne Vorstellung ist. Auch für viele Erbbaurechtsgeber ist der Ablauf nicht erwünscht. Dieser ist mit hohen Verwaltungskosten und viel Aufwand verbunden.
Bevorzugt wird deshalb der Erbbaurechtsvertrag verlängert.
Verlängerung bedeutet, dass sich die Parteien des Erbbaurechtsvertrages während der Laufzeit darauf einigen, diese anzupassen.
Ein Beispiel: Der Erbbaurechtsvertrag wurde 1925 für 99 Jahre geschlossen. 2023, also ein Jahr vor Ende des Vertrages einigen sich die Parteien darauf, diesen um weitere 99 Jahre zu verlängern. Der Erbbaurechtsnehmer bleibt dadurch weiterhin Eigentümer seiner Immobilie und kann diese wie zuvor weiter nutzen.
Dabei ist aber ein Punkt sehr wichtig: Gesetzlich gibt es keinen Anspruch des Erbbaurechtsnehmers auf eine Verlängerung des Erbbaurechtsvertrages. Ein solcher kann zum Beispiel im Erbbaurechtsvertrag geregelt sein, dies ist aber äußerst
selten der Fall.
Auch das sogenannte Vorkaufsrecht des Erbbaurechtsnehmers, das häufig im Erbbaurechtsvertrag vorgesehen ist, stellt kein Recht auf Verlängerung dar. Dieses regelt lediglich, dass bei Verkauf des Grundstücks durch den Erbbaurechtsgeber der Erbbaurechtsnehmer das vorrangige Recht hat, dieses zu erwerben.
Also: Ob der Erbbaurechtsvertrag verlängert wird, ist allein Entscheidung der Parteien. Möchte der Erbbaurechtsgeber oder der Erbbaurechtsnehmer den Vertrag nicht verlängern, gibt es in der Regel keine Möglichkeit der anderen Partei die Verlängerung zu erzwingen. Die Parteien sind in ihrer Entscheidung über eine Verlängerung völlig frei.
Dies bedeutet auch, dass der Erbbaurechtsgeber (jedenfalls zivilrechtlich) frei darin ist, zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen er bereit ist, einer Verlängerung des Vertrages abzuschließen. Es stehen also nicht nur die Dauer der Verlängerung des Vertrages zur Disposition, sondern auch alle weiteren Teile des Erbbaurechtsvertrages. Auch, wenn technisch in der Regel ein bereits bestehendes Erbbaurecht verlängert wird, so wird typischerweise inhaltlich ein völlig neuer Vertrag geschlossen. Denn viele Regelungen in alten Erbbaurechtsverträgen sind inhaltlich überholt und neu entwickelte Klauseln müssen ihren Eingang in die Erbbaurechtsverträge finden.
nsbesondere steht bei einer Verlängerung deshalb die Höhe des Erbbauzinses zur Disposition.
Mit Blick auf die Höhe des Erbbauzinses sind drei unterschiedliche Zeitpunkte zu unterscheiden: bei Abschluss des Erbbaurechtsvertrages, während der Laufzeit des Vertrages und bei Verlängerung des Vertrages.
Bei Abschluss des Vertrages orientiert sich die Höhe des Erbbauzinses an dem Wert des Grundstücks. Je höher der Grundstückswert, das mit einem Erbbaurecht belastet wird, desto höher fällt auch der Erbbauzins aus. Erbbaurechte in Städten sind deshalb regelmäßig teurer als Erbbaurechte auf dem Land.
Während der Laufzeit richtet sich der Erbbauzins nach den Vorgaben des Vertrages und des Gesetzes. Gerade bei Wohnerbbaurechten unterliegt die Anpassung des Zinses während der Laufzeit strengen Vorgaben. Häufig sind Anpassungen des Erbbauzinses in sogenannten Wertsicherungsklausel festgehalten und darüber hinaus nur in den gesetzlich normierten Grenzen möglich. Dabei wird häufig der Verbraucherpreisindex (im allgemeinen Sprachgebrauch auch „Inflation“ genannt) als Bezugspunkt für die Anpassung des Erbbauzinses gewählt. Vereinfacht ausgedrückt: Steigt der Verbraucherpreisindex, steigt analog auch der Erbbauzins.
Bei Verlängerung des Vertrages greifen diese Einschränkungen aber nicht. Es kommt vielmehr wieder darauf an, wie hoch der Grundstückswert ist.
Damit ergibt sich bei vielen ablaufenden Erbbaurechten die folgende Situation:
Bei Abschluss des Vertrages wurde der Wert des Grundstücks von vor 99 Jahren als Grundlage für den Erbbauzins herangezogen.
Über die Dauer des Vertrages wurde der Zins an den Verbraucherpreisindex angepasst. Hierbei spielte aber die Entwicklung des Grundstückswerts keine Rolle. Sehr häufig fehlten in diesen Verträgen aber auch Wertsicherungsklauseln vollständig, der Erbbauzins blieb fast völlig unangetastet.
Bei Verlängerung wird nun auf den ersten Preisfindungsmechanismus zurückgegriffen: Entscheidend ist wieder der Grundstückswert.
Da sich die Grundstückwerte aber in vielen Regionen über 99 Jahre natürlich stark verändert haben, steigern sich auch die zu zahlenden Erbbauzinsen. Selbst um das Hundertfache gestiegene Erbbauzinsen sind keine Seltenheit.
Entscheidend ist es, frühzeitig mit dem Erbbaurechtsgeber Kontakt aufzunehmen. Denn bei einer frühzeitigen Verlängerung kann bei der Bestimmung des neuen Erbbauzinses der Restwert des Erbbaurechts berücksichtigt werden und die Steigerung fällt weniger stark aus.
Wichtig zu wissen ist, dass kommunale und kirchliche Erbbaurechtsgeber stark in ihrer Freiheit eingeschränkt sind von dem Grundstückswert als Berechnungsgrundlage abzuweichen. Vielmehr müssen Sie unter regelmäßiger zur Hilfenahme des Grundstückswertes einen marktgerechten Erbbauzins verlangen. Denn sowohl das kirchliche als auch das kommunale Haushaltsrecht verpflichtet zum wirtschaftlichen Haushalten. Dies bedeutet, dass die Überlassung von Vermögen – auch bei Erbbaurechten – grundsätzlich marktgerecht zu erfolgen hat. Vergünstigungen des Erbbauzinses stellen eine Abweichung von diesem Grundsatz dar und sind nur in Sonderfällen möglich.
Wir bieten mit der Deutschen Erbbau eine Lösung für diese Situation an und können ein für Erbbaurechtsnehmer und Erbbaurechtsgeber gleichermaßen zufriedenstellendes Ergebnis schaffen.
Weitere Informationen finden Sie hier: Unsere Lösung bei ablaufenden Erbbaurechten