Heimfall ohne Entschädigung

Keine Entschädigung bei Verstoß gegen Bauverpflichtung

23. Januar 2024

Blog

Viele Kommunen entscheiden sich für eine Bestellung von Erbbaurechten gerade auch deshalb, da der Erbbaurechtsvertrag im Vergleich zu einer Veräußerung des Grundstücks vielfältige Einflussnahmen ermöglicht.

Mit Urteil vom 14.01.2024 (Az. V ZR 191/22) hat der BGH nun entschieden, dass kommunale Erbbaurechtsgeber bei einem Verstoß des Erbbaurechtsnehmers gegen seine Bauverpflichtung wirksam die Entschädigungszahlung im Heimfall ausschließen können. Dem Erbbaurechtsnehmer kann also im Wege des Heimfalls nicht nur der Entzug des Erbbaurechts drohen, sondern dabei auch noch die Entschädigungszahlung in Gänze gestrichen werden. Da grundsätzlich jeder Erbbaurechtsvertrag eine Bauverpflichtung des Erbbaurechtsnehmers enthält, kann angenommen werden, dass diese Entscheidung sich stark auf künftige Erbbaurechtsverträge auswirken wird.

Was war passiert?

Im Mittelpunkt des Rechtsstreits stand der verzögerte Bau einer Moschee nahe Stuttgart. Die Stadt Leinfelden-Echterdingen hatte einem muslimischen Verein das Erbbaurecht für ein städtisches Grundstück gewährt, um den Bau der Moschee zu ermöglichen. Jedoch konnte der Verein die vereinbarte Baupflicht nicht einhalten, woraufhin die Stadt das Erbbaurecht zurückforderte – ohne Entschädigung für den Verein. Der Verein argumentierte, dass dies unangemessen sei, was zu einem Rechtsstreit führte, der bis zum BGH ging.

Die Entscheidung des BGH

Der BGH stellte fest, dass in diesem speziellen Fall der Ausschluss der Entschädigung rechtens war. Er betonte, dass solch ein Ausschluss vertraglich möglich ist, besonders wenn der Heimfall auf einem Verstoß gegen derart wichtige vertragliche Pflichten beruht. Das Gericht führte weiterhin aus, dass die Stadt dem Verein beim Wiederkauf des Grundstücks den Verkaufswert des Gebäudes zahlen würde, was die entschädigungslose Rückforderung angemessen mache.

Was bedeutet das Urteil?

Dieses Urteil hat weitreichende Folgen für die Praxis der Erbbaurechte in Deutschland. Es bestätigt, dass Kommunen unter bestimmten Umständen das Recht haben, die Entscchädigung beim Heimfall auszuschließen. Dies könnte zukünftige Verträge beeinflussen und bietet Kommunen mehr Flexibilität in der Gestaltung von Erbbaurechtsverträgen. Allerdings mahnte das Gericht auch zur Vorsicht: Kommunen müssen die Verhältnismäßigkeit solcher Entscheidungen sorgfältig abwägen, um Vertragsstrafen nicht unangemessenen zu gestalten.

Die Bedeutung für die Praxis

Für Kommunen bedeutet dieses Urteil eine größere Verhandlungsmacht bei der Vergabe von Erbbaurechten. Es eröffnet ihnen die Möglichkeit, strengere Bedingungen zu stellen, insbesondere wenn es um die Einhaltung von Baupflichten geht. Für Erbbauberechtigte hingegen erhöht sich das Risiko, bei Nichteinhaltung der Vertragsbedingungen ohne Entschädigung dazustehen.

Fazit

Das Urteil des BGH zu Erbbaurechten ist ein klares Signal an Kommunen und Erbbauberechtigte gleichermaßen: Vertragliche Pflichten müssen ernst genommen werden, und die Gestaltung von Erbbaurechtsverträgen sollte wohlüberlegt sein.

Mit dem Verstoß gegen die Bauverpflichtung handelt es sich natürlich um eine der wichtigsten Pflichten des Erbbaurechtsnehmers. Die Rechtmäßigkeit einer entschädigungslosen Rückforderung des Erbbaurechts bei anderen Verstößen kann daraus nicht geschlossen werden. Entscheidend ist deshalb eine strategische Herangehensweise bei der Bestellung von Erbbaurechten.


Sprechen Sie uns an, wenn Sie planen, Erbbaurechte zu bestellen. Die Deutsche Erbbau ist spezialisiert auf Entwicklungen und strategische Beratung im Erbbaurechtsmarkt.

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