Erbbauzins und Wertsicherung

Auf welcher Grundlage können Erbbauzinsen angepasst werden und wo sind die Grenzen?

07. Juni 2023

Blog

Häufig lässt es sich der Tagespresse entnehmen, dass die Zinsen vieler Erbbaurechte durch die jeweiligen Erbbaurechtsgeber angepasst werden. Aber warum werden diese Zinsen regelmäßig angehoben, auf welcher Grundlage ist dies möglich und wo liegen die Grenze dieser Erhöhungen? Mit all diesen Fragen beschäftigt sich der folgende Artikel.

Dabei ist es wichtig, die diesbezüglichen Besonderheiten von Erbbaurechtsverträgen und die Funktionsweise unseres Geldes zu verstehen:

Besonderheiten von Erbbaurechtsverträgen

Anders als die meisten anderen Verträge haben Erbbaurechtsverträge in der Regel eine sehr lange Laufzeit. Nicht ungewöhnlich ist es dabei, dass bei einem Neuabschluss eines Erbbaurechtsvertrages die Laufzeit des Vertrages die Lebenserwartung des Erbbaurechtsnehmers bei weitem übersteigt. Gleichzeitig wird zu Beginn dieser sehr langen Zeit der Erbbauzins als Gegenleistung für die Nutzung des Grundstücks festgelegt.

Funktionsweise unseres Geldes

Unser Geldsystem ist auf die Entwertung von Geld ausgelegt, um Deflation zu vermeiden, da eine anhaltende Deflation zu wirtschaftlichen Problemen führen kann. Geldentwertung bedeutet, dass das Geld im Laufe der Zeit weniger wert wird und man mit der gleichen Menge Geld weniger kaufen kann.
Die gezielte Geldentwertung durch eine moderate Inflation ermöglicht es der Zentralbank, die Wirtschaft anzukurbeln, indem sie Anreize zum Konsum und zur Investition schafft und gleichzeitig die Möglichkeit hat, in wirtschaftlichen Abschwüngen durch Zinssenkungen und andere Maßnahmen gegenzusteuern. Daher gibt beispielsweise die Europäische Zentralbank ein Inflationsziel von 2 % p.a. aus.
Geld wird also über die Zeit weniger wert und dies wird auch in Zukunft so bleiben, da die zentralen Institute unseres Geldsystems, die Zentralbanken, das Ziel einer moderaten Geldentwertung verfolgen..

Besonderheiten von Erbbaurechtsverträgen im Zusammenspiel mit unserem Geldsystem

Bezogen auf den Erbbaurechtsvertrag kann man nun erkennen, dass der reale Wert des Erbbauzinses im Laufe des Erbbaurechtsvertrages durch die Geldentwertung jährlich abnimmt. Der Erbbaurechtsgeber bekommt nominal denselben Geldbetrag, dieser wird allerdings über die Zeit deutlich weniger wert.
Erbbaurechtsverträge enthalten deshalb typischerweise eine Wertsicherungsklausel. Mit dieser soll der Nachteil der Entwertung der künftigen Gegenleistungen ausgeglichen werden. Hierin findet sich also bereits die Antwort auf die erste Frage: Der Erbbauzins wird auf der Grundlage von im Erbbaurechtsvertrag enthaltenen Wertsicherungsklauseln angehoben, um Nachteile, die dem Erbbaurechtsgeber aus der Geldentwertung über die Zeit entstehen, auszugleichen.
Eine solche Wertsicherungsklausel ist auch keine alleinige Besonderheit des Erbbaurechts. Sie finden sich zum Beispiel regelmäßig in gewerblichen Mietverträgen als Preisklausel oder in Wohnungsmietverträgen als Indexklausel.

Wertsicherungsklauseln

Grundlage für eine Anpassung des Erbbauzinses ist deshalb fast immer eine Wertsicherungsklausel im Erbbaurechtsvertrag. Anpassungen des Erbbauzinses ohne eine vereinbarte Wertsicherungsklausel sind nur in sehr engen Ausnahmefällen möglich.
Allen Wertsicherungsklauseln ist gemein, dass sie als Grundlage für die prozentuale Anpassung des Erbbauzinses auf einen externen Index zurückgreifen. Dabei ändert sich der Erbbauzins in dem gleichen prozentualen Verhältnis, wie der vereinbarte Index. Verändert sich der vereinbarte Index also beispielsweise um + 10 %, so wird auch der Erbbauzins um 10 % angehoben.
In moderneren Erbbaurechtsverträgen wird typischerweise der Verbraucherpreisindex für Deutschland, wie er für den Durchschnitt eines Kalenderjahres vom statistischen Bundesamt für die gesamte Bundesrepublik Deutschland amtlich festgestellt wird, zu Grunde gelegt. In älteren Verträgen finden sich auch andere Indizes, die beispielsweise auf Lohnentwicklungen abstellen.
Wichtig ist zu wissen, dass Wertsicherungsklauseln immer in beide Richtungen funktionieren. Sollte also ein Index fallen, ist auch der Erbbauzins entsprechend nach unten anzupassen.

Grenzen für Erbbauzinsanpassungen bei Wohnerbbaurechten

Dient das Erbbaurecht dem Wohnen, sind einer Anpassung des Erbbauzinses durch § 9a ErbbauRG gesetzlich enge Grenzen gesetzt. Bei § 9a ErbbauRG handelt es sich um eine sogenannte Billigkeitsschranke: Eine Anpassung des Erbbauzinses darf immer nur dann erfolgen, wenn diese billig ist, wobei Änderungen grundsätzlich dann unbillig sind, wenn sie über eine Änderung der „allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse“ hinausgehen. Auch das Gesetz orientiert sich mit dieser Formulierung an dem Verbraucherpreisindex. Ziel des Gesetzes ist es, zu verhindern, dass der Erbbauzins während der Laufzeit des Erbbaurechtsvertrages dem Anstieg des Grundstückspreises folgt. Änderungen des Grundstückswertes sollen bei einer Anpassung des Erbbauzinses während der Laufzeit des Erbbaurechtsvertrages grundsätzlich außer Betracht bleiben. So soll der soziale Charakter von Wohnerbbaurechten bewahrt werden.
Auch in zeitlicher Hinsicht sind der Anpassung gesetzlich Grenzen gesetzt: Selbst wenn die Voraussetzungen für eine Anpassung des Erbbauzinses vorliegen, darf eine solche frühestens nach Ablauf von drei Jahren seit der letzten Erhöhung des Erbbauzinses erfolgen.

Zusammenfassung

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass eine Anpassung des Erbbauzinses auch während der Laufzeit des Vertrages ganz normal ist. Derartige Klauseln finden sich in vielen Verträgen. Um den sozialen Charakter des Erbbaurechts zu bewahren, schränkt das Gesetz aber die Anpassung des Zinses dann ein, wenn das auf Grund eines Erbbaurechts errichtete Gebäude Wohnzwecken dient.
Wichtig ist auch, dass die Vereinbarung des Erbbauzinses im gewerblichen Bereich deutlich flexibler ist und es eine Vielzahl von unterschiedlichen Mechanismen gibt.
Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zu Erbbauzinsklauseln haben.

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